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Am Wochenende Ausflüge an den Sonnensee mit den Großeltern. Überm Wasser Libellen und neben mir, in einem großen Frotteemantel, meine Großmutter, die sich in ihren Badeanzug zwängt, den nackten Körper den Blicken entzogen. Ich musste immer hinsehen, sah aber nie etwas. Als mein Großvater im Sterben lag, gelb im Gesicht vom Krebs, maßlos wütend über seine Hilflosigkeit, riss er sich einmal, meine Mutter und ich waren im Zimmer, die Bettdecke vom Leib, starrte uns an, nackt, abgemergelt. Wenn's ans Sterben geht, ist alles dahin, rief er, so laut, wie seine heisere Stimme es vermochte. Vielleicht hat meine Mutter das erste Mal den Schwanz ihres Vaters gesehen, jedenfalls erinnere ich mich, wie wir beide starrten, bis aus dem Flur meine Großmutter herbeieilte, die Decke auf ihn warf und abervati sagte, als wäre er ein ungezogenes Kind. Meine Großmutter, immer eine Badekappe mit Noppen auf dem Kopf, schwamm oft eine ganze Stunde im See. Ich saß am Ufer, das matschig war, sprang mal ins Wasser, vergaß meine Großmutter und meinen Großvater, der die Zeitung las oder auch verschwand, in den Wald, und Pilze sammeln ging. Niemals Pilze mit Lamellen, so seine Regel, meistens gab's deshalb Maronen, am Abend, die meine Großmutter zubereitete. Vor allem, ich weiß nicht warum, muss ich an die Libellen denken. Ob ich die Tage am See langweilig fand oder schön, ich kann's nicht mehr sagen. Vielleicht das eine, und das andere auch.
 

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